Von den 1.800 Kindertageseinrichtungen in Sachsen-Anhalt befinden sich 995 in öffentlicher Trägerschaft. Mit diesem Anteil von 55,3 Prozent weist Sachsen-Anhalt bundesweit den höchsten Anteil öffentlicher Trägerschaften aus. Der Anteil freier Träger liegt damit weit unter dem Bundesdurchschnitt. Gemäß SGB VIII § 4 (2) gibt es aber einen Vorrang der freien Jugendhilfe vor der öffentlichen Jugendhilfe. Diese soll nur dann Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, d. h. auch Kindertageseinrichtungen, betreiben, wenn diese von geeigneten und anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe nicht betrieben werden können. Freie Träger sind Ausdruck von Vielfalt und ein Spiegel der Werteprägung unserer Gesellschaft. Die Trägervielfalt ermöglicht Eltern und ihren Kindern bei der Auswahl einer Betreuungseinrichtung ein Wunsch- und Wahlrecht nach ihrer weltanschaulichen und wertegebundenen Einstellung. Dieser Anspruch ist gesetzlich im Kinderförderungsgesetz Sachsen-Anhalt in § 3b Abs. 3 verankert. Auch deshalb stehen die freien Träger unter dem Schutz unserer Landesverfassung. Nach Art. 33 wird die soziale Tätigkeit der Träger der freien Wohlfahrtspflege und der freien Jugendhilfe nach Maßgabe der Gesetze als gemeinnützig anerkannt, geschützt und gefördert.

Mit der Novellierung des Kinderfördergesetzes (KiFöG) im Jahr 2013 wurden die Rahmenbedingungen für die Bildung, Erziehung und Betreuung nachhaltig verbessert. Die bestmögliche Qualität in Tageseinrichtungen soll gesichert werden. Der Gesetzgeber hat sachgerecht die Entgeltfinanzierung nach §§ 78 b ff. SGB VIII als transparentes System eingeführt. Diese Finanzierungsform setzt am anspruchsberechtigten Kind an. Zwischen dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe und dem Kita-Träger wird ein Entgelt pro Platz verhandelt, welches dann nach der tatsächlichen Inanspruchnahme finanziert wird. Die Träger sind verpflichtet, ihre Kostenkalkulationen auf Basis konkreter und detaillierter Leistungsbeschreibungen, Träger-, Leitungs- und Raumkonzepte vorzunehmen. D. h., die Kosten werden mit qualitativen Kriterien und inhaltlichen Leistungsanforderungen untersetzt und vertraglich vereinbart. Dadurch verfügt das Land über eine Datenlage, die es ermöglicht, die Betreuungskosten pro Kind in den unterschiedlichen Betreuungsformen und -umfängen, aufgeschlüsselt nach Kostenarten, zu beziffern und die jeweiligen Finanzierungsanteile der Partner in der Finanzierungsgemeinschaft zu benennen. Mit diesem Vorgehen sichert das Land Kostentransparenz, Qualitätsstandards und gleichwertige Lebensverhältnisse ab.

Unsere bisherige Trägererfahrung zeigt, dass die Umsetzung der Verhandlungssystematik vor Ort, so wie vom KiFöG vorgesehen, in vielen Landkreisen mittlerweile geübte Verwaltungspraxis ist. Viele Träger arbeiten vertrauensvoll mit Landkreis und Gemeinden zusammen. In einigen Landkreisen/Gemeinden dauert die rechtskonforme Umsetzung der Verhandlungspraxis nach dem KiFöG hingegen noch an. Rechtsunsicherheiten und einseitige Risikolagen zu Lasten der freien Träger sind die Folge. Zudem zeigen sich Beispiele der Rückführung von in freier Trägerschaft geführten Kindertageseinrichtungen in die kommunale Trägerschaft, u. a. begründet mit nicht belegbaren Kosteneinsparungen.

Eine nachhaltige Entwicklung der frühkindlichen Bildung in Sachsen-Anhalt bedeutet aus unserer Sicht:

  • Die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips, welches das Wunsch- und Wahlrecht gewährleistet sowie Trägervielfalt und das Engagement der Zivilgesellschaft anregt. Der Staat soll hinter dem Einzelnen, der Familie, der Nachbarschaft und der organisierten Zivilgesellschaft nachrangig agieren, aber unterstützen. Diese Träger- und Konzeptvielfalt muss auch zukünftig gewährleistet werden, so wie es auch die Landesverfassung vorgibt.
  • Die rechtskonforme Umsetzung des KiFöG, denn eine unterschiedliche Qualitätsentwicklung nach Kassenlage der Kommunen wird zu unterschiedlichen Qualitätsstandards in den Kindertageseinrichtungen führen. Eltern sollten unabhängig vom Wohnort gleichwertige Bedingungen für die Erziehung, die Bildung und damit gute Chancen für ihre Kinder erwarten können.
  • Eine Evaluierung der Bedarfsplanungen im Hinblick auf die Berücksichtigung einer Vielzahl von Wertorientierungen und die Nachrangigkeit öffentlicher Trägerschaften.

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