Sehr geehrte Damen und Herren,

wiederholt nehmen wir wahr, dass den Verbänden der Wohlfahrtspflege und insbesondere den Trägern der Pflege Untätigkeit, fehlende Sorgfalt und Unwillen gegenüber den staatlichen Maßnahmen der Pandemieeindämmung öffentlich vorgeworfen wird. Mit diesem offenen Brief widersprechen wir deshalb den Mutmaßungen, Vorwürfen und Verunglimpfungen, die sich pauschal gegen die gemeinnützigen Wohlfahrtsverbände in Sachsen-Anhalt und gegen Verantwortliche und Mitarbeitende in unseren Mitgliedseinrichtungen richten.

Seit Monaten gibt es regelmäßige Gespräche mit der Landesregierung, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Regelmäßig stellen wir die Krisensituationen vor Ort dar, erklären, warum nicht alle gutgemeinten Unterstützungsangebote geeignet sind und welche möglichst einheitlichen Verfahrensklärungen wir benötigen. Gegenüber unserer Trägerschaft strukturieren wir die tägliche Informationsflut zur operativen Entlastung unserer Führungskräfte vor Ort und diese motivieren die Mitarbeitenden, insbesondere in den Krankenhäusern und in der Pflege, trotz der dauerhaften und immensen Belastung weiter ihr Bestes zu geben. Die Verantwortlichen und Mitarbeitenden vor Ort erklären Pflegebedürftigen, Menschen mit Behinderungen und Angehörigen die Notwendigkeiten der Maßnahmen.

Seit vielen Jahren machen wir öffentlich und in Fachgesprächen darauf aufmerksam, dass sich die Pflege im Notstand befindet. Die Auswirkungen sind jetzt in der Krise nur deutlich sichtbarer und stellen die Pflegekräfte vor Ort durch zusätzliche Aufgaben vor fast übermenschliche Herausforderungen. Und trotzdem tragen wir seit Monaten gemeinsam mit unseren Einrichtungen vor Ort unermüdlich dazu bei, die Corona-Pandemie durch die Umsetzung der Regelungen der Eindämmungsverordnungen zu bewältigen und die Folgen der Pandemie für die Menschen in unserer Verantwortung zu mildern.

Insbesondere die Beschäftigten in Pflegeeinrichtungen leisten in dieser Krisenzeit Großartiges. Seit fast einem Jahr stehen die Mitarbeitenden in den Pflegeeinrichtungen unter Dauerbelastung. Sie müssen den kräftezehrenden Spagat zwischen Schutz der zu betreuenden Personen vor Infektionen und Ermöglichung sozialer Kontakte bewältigen. Mit viel Aufwand und kreativen Lösungen haben die Einrichtungen dies ermöglicht. Für eine gelingende Krisenbewältigung vor Ort in Sachsen-Anhalt gibt es viele gute Beispiele.

Als Verbände agieren wir hier im Sinne der Wohlfahrts- als auch Hilfsorganisationen, je nach Möglichkeiten und notwendigen Unterstützungsbereichen auch über die Verbandszugehörigkeit hinaus. So sind beispielsweise über das Deutsche Rote Kreuz in kürzester Zeit 174 hauptamtliche und 77 ehrenamtliche Mitarbeitende sowie 91 Freiwilligendienstleistende für ein Engagement in den Impfzentren, in den mobilen Impfteams sowie in unterschiedlichen Pflegeeinrichtungen aktiviert worden. Auch der Malteser Hilfsdienst, der ASB und die Johanniter-Unfall-Hilfe arbeiten gemeinsam mit hauptamtlichen und ehrenamtlichen Kräften an der Umsetzung der Impfstrategie. Die Diakonie Mitteldeutschland konnte durch die Kampagne „Kümmern statt Klatschen“ schon im Dezember 2020 knapp 60 Helferinnen und Helfer vermitteln. Zudem starteten die Verbände zur breiten Akzeptanz der „Corona-Regelungen“ regionale Aufklärungskampagnen. So richtete die Arbeiterwohlfahrt ein Corona-Hilfsportal ein, auf dem die gesamte Bandbreite an Maßnahmen und Hilfen, zum Beispiel mit positiven Impf-Statements oder beratenden Hilfsangeboten für pflegende Angehörige, aufbereitet wurden. Die Diakonie hatte Ende 2020 eine deutschlandweite Kampagne „Ich lasse mich impfen, weil …“ in den Online-Medien gestartet. Im digitalem Fachforum „Impfen“ der Caritas standen medizinische Fachexperten den Einrichtungsleitungen und Pflegekräften motivierend und unterstützend zur Seite. Durch kleinere Projekte leisten die Verbände einen Beitrag zur Motivation und zum Zusammenhalt in der Bevölkerung. Beispiel: Kinder schreiben Postkarten und malen Bilder für die Menschen in Pflegeheimen. Und auch der Einsatz von Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr in einzelnen Pflegeeinrichtungen hat Entlastung gebracht, für die wir sehr dankbar sind. Gern laden wir Sie ein, sich selbst ein Bild zu machen und direkt mit uns und den Menschen vor Ort zu sprechen.

Wir haben uns auf gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt geeinigt und danach handeln wir. Es erscheint absurd, dass Kampagnen zur Erhöhung der Attraktivität des Berufsbildes aufgefahren werden und gleichzeitig die Pflege am Rande ihrer Belastungsgrenze verstärkt mit pauschalen Vorwürfen überhäuft wird. Es ist im Sinne der von uns unterstützten Menschen und der Beschäftigten in der Pflege und die Verantwortung aller Beteiligten, gemeinsam die nicht erst jetzt vorhandenen Schieflagen im gesamten System aufzuarbeiten und die Pflege neu aufzustellen. Darauf werden wir als Wohlfahrtsverbände weiterhin all unsere Kraft in einer sachlichen Diskussion ausrichten. In Krisenzeiten sind Lösungsorientierung, Verständnis, gegenseitige Unterstützung und Zusammenhalt gefragt.

Mit freundlichen Grüßen

Antje Ludwig

Landesgeschäftsführerin Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.

Hendrik Hahndorf

Vorstandsvorsitzender AWO Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.

Dr. Martina von Witten

kaufmännische Vorständin Diakonisches Werk Ev. Kirchen in Mitteldeutschland e.V.  

Cornelia Piekarski

Diözesan-Caritasdirektorin Caritasverband für das Bistum Magdeburg e.V.

Dr. Carlhans Uhle

Landesgeschäftsführer DRK Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.